Lange wurde die eSIM vorwiegend in Spezialanwendungen rund um das Internet der Dinge (IoT) eingesetzt. So statteten bspw. Fahrzeughersteller ihre Telematiksysteme mit eSIM-Modulen aus, um erstens die Fertigung der integrierten Module zu optimieren, und zweitens um over-the-air länderabhängig und kostenoptimiert zwischen den Netzanbietern zu wechseln ( eUICC v4.0 ).
Im Endkundensegment hatte der kleine Chip lange Zeit mächtige Gegner: Die Netzbetreiber – welche sich weltweit fortwährend geweigert haben, eSIM-fähige Mobiltelefone überhaupt anzubieten. Um zu verstehen, woher diese Angst rührt, ist es meiner Meinung nach wichtig zu verstehen, welche Veränderungen und Vorteile die eSIM für mich als Konsumenten bringt.
Die Customer Journey – vom In-Shop- zum Onlineerlebnis
Im Shop
Heute wird in der Schweiz nach wie vor ein Grossteil der Handyverträge im stationären Handel abgeschlossen. Als Kunde werden mir im Mobilfunkgeschäft ein neues Gerät und ein passender Anbieter empfohlen. Die Rabattierung des Geräts schlägt sich in einer Vertragsdauer von 12 oder 24 Monaten nieder. Mit dem Vertragsabschluss muss ich mein Ausweisdokument vorlegen und die Verträge auf Papier oder die PDF-Version auf dem Tablet unterzeichnen. Anschliessend wird die physische SIM-Karte im System aktiviert und vom Mitarbeiter im neuen Gerät installiert: Alles läuft! Zeitaufwand ca. ein bis zwei Stunden mit Anreise, Anstehen und Beratung. Online mit eSIM Die Digitalisierung der oben genannten Customer Journey war bereits ohne eSIM möglich. Einzig die SIM-Karte musste bis anhin noch per Post versendet werden. Heute sind die neusten Flaggschiff-Modelle der grossen Smartphone-Hersteller mit eSIM ausgestattet und die in-store Customer Journey kann zu 100% online abgebildet werden. Als Kunde informiere ich mich auf Vergleichsportalen wie dschungelkompass.ch oder comparis.ch selbstständig und wähle den für mich passenden Mobilfunkanbieter aus. Auf der Webseite des Anbieters erstelle ich einen Account, wähle den passenden Tarif und hinterlege eine Kreditkarte als Zahlungsmittel. Die Ausweisverifikation erfolgt online und der jederzeit kündbare Vertrag wird mit dem Akzeptieren der AGBs rechtskräftig. Zum Abschluss erhalte ich eine E-Mail mit dem QR Code eines neuen eSIM Profils. Die Installation des eSIM Profils erfolgt über den im Betriebssystem des Smartphones integrierten QR-Code-Scanner. Alles läuft!
Zeitaufwand 5 min.
QR Code für die Installation eines eSIM-Profils Quelle: Digital Republic AG $('.magnificPopup').magnificPopup({
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Kostenoptimierung mit Provider Split
Bereits mit den ersten Dual-SIM-Handys haben findige Konsumenten entdeckt, dass nicht mehr zwingend ein Mobilfunkanbieter alleine alle Bedürfnisse abdecken muss: So nutzt bspw. ein Anwender eine günstige Prepaid-SIM-Karte für Telefonie und eine für mobiles Internet. Während andere Anwender ihren zweiten SIM-Steckplatz lieber für den Geschäftsanschluss oder eine europäische SIM-Karte mit guten Auslandkonditionen nutzen. Mit der eSIM verhält es sich ähnlich wie mit den Dual-SIM-Handys. Mit dem Unterschied, dass eine Vielzahl an virtuellen SIM-Karten auf einem einzigen Gerät installiert werden kann. Diese sind mit einigen Klicks gekauft und wieder gekündigt. Aus Konsumentensicht: genial.
Roaming als Marktplatz
Neue globale eSIM-Broker agieren als Vermittler zwischen Endkunden und Mobilfunkanbietern. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, eSIM-verfügbare Roaming-Angebote online zu vertreiben. Deren Kunden wählen ihre Feriendestination und sehen anschliessend eine Liste mit unterschiedlichen Datenpaketen von lokalen eSIM-Anbietern. Die preiswerten Datenpakete können mit Kreditkarte gekauft und als eSIM sofort installiert werden. Bereits heute werden Reisende in den Ankunftsbereichen von internationalen Flughäfen auf eSIM-Roaming-Angebote aufmerksam gemacht.
Die Telefonnummer verliert an Bedeutung
Voice-over-IP-Software oder kurz VoIP macht es möglich, Sprachanrufe nicht mehr über die klassische Telefonleitung, sondern über das Internet zu übertragen. Dabei wird das Audiosignal digitalisiert und in kleinen Paketen verschlüsselt durch das Internet geschickt. Apps wie WhatsApp, Skype, Facebook oder Snapchat haben diese Technologie fix integriert. So hat sich mit dem Aufkommen dieser Apps auch das Kommunikationsverhalten der Nutzer innerhalb weniger Jahre drastisch gewandelt. Auch bei mir hat sich das Telefonieverhalten schon geändert: Ich nutze meinen Mobilfunkanschluss immer seltener für ausgehende Anrufe. Erreicht mich eine Benachrichtigung (über z.B. WhatsApp, Zoom, Slack oder Teams), welche in mir das Bedürfnis eines Sprachanrufs auslöst, starte ich den Anruf meistens direkt über die entsprechende App. Als Folge davon gehen in Ländern, in denen die Smartphones vorherrschen, die Umsätze mit herkömmlichen Telefonverbindungen konstant zurück.
Die Umsatzeinbusse fällt insbesondere im Roaming auf, da bei VoIP für die Reisenden keine Telefonieverbindungskosten anfallen. Die Gesamtzahl an Sprachverbindungen über die Schweizer Mobilfunknetze sind in den letzten Jahren bei sinkenden Preisen stagniert und in den konkreten Jahren 2017-2018 um 0.5% gesunken.
Quelle: Bundesamt für Kommunikation BAKOM. $('.magnificPopup').magnificPopup({
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Accounts vor Telefonnummer
Aus dem Geschäftskundenbereich sind wir es bereits gewohnt, dass Anrufe über VoiP-Apps oder z.B. Microsoft Teams auf dem Smartphone ankommen. Die Geschäftsnummer gehört einer virtuellen Telefonanlage in der Cloud und hat keine Verknüpfung mit der SIM, welche lediglich die Internetverbindung bereitstellt. Da der Zugang zur Telefonnummer an einem Account (Benutzernamen und Passwort) hängt, muss bei einem Wechsel des Mobilfunkanbieters keine aufwändige Nummernportierung durchgeführt werden. Bei einem Anbieter- oder Gerätewechsel wird lediglich die App neu installiert. Nach dem Login ist der Kunde wieder über dieselbe Telefonnummer erreichbar. Die Telefonnummer wird nicht so schnell verschwinden, aber sie wird wesentlich unabhängiger vom Mobilfunkanbieter und der SIM. Accounts und andere Authentifizierungsmethoden werden wichtiger und machen den Zugang zur Telefonnummer einfacher.
Was bedeutet das für die Mobilfunkanbieter?
Die Vorteile der eSIM für die Endkunden sind beträchtlich. Aus den Vorteilen ergeben sich unterschiedliche Implikationen für die Anbieter: Der Wechsel zwischen den Mobilfunkanbietern wird für die Endkunden einfacher. In Zukunft werden die Anbieter noch stärker auf Kundenbindungsmassnahmen setzen, um bestehende Kunden nicht abwandern zu lassen. Eine klassische Massnahme in dem Bereich ist das Produkt-Bundling – rabattierte Kombipakete mit Mobilfunk, Glasfaser-Internet, TV oder Festnetz. Der Trend hin zu kürzeren Vertragslaufzeiten zeichnet sich bereits seit einigen Jahren ab. Die mit der eSIM gewonnene Freiheit, schnell und einfach zwischen den Anbietern wechseln zu können, wird dazu führen, dass mehrjährige Verträge immer weniger Akzeptanz bei den Konsumenten finden. Durch die Verschiebung von stationären Abo-Abschlüssen in Shops und Filialen hin zu Online-Abschlüssen verlieren die Filialnetze an Bedeutung. Die Kosten für den Unterhalt dieser Netze sind enorm und zeichnen sich in den Endkundenpreisen ab. Kleine und durchgehend digitale Anbieter machen sich diesen Kostenvorteil zunutze. Der komfortable Weg, sich für das Ausland mit ein paar Klicks ein eSIM-Profil und einige Gigabyte Datenvolumen zu kaufen, wird die Umsätze im bereits heute rückläufigen Roaming-Bereich weiter schmälern. Die Prozesse für den Abschluss eines Abos, den Wechsel zwischen den Produkten und der Kündigung werden einfacher und kundenfreundlicher. Der wichtige Messwert CAC (Customer Acquisition Costs – Kosten, um einen neuen Abonnenten anzuwerben) steht in direktem Zusammenhang mit der Qualität des Online-Prozesses für den Abo-Abschluss. Das gilt insbesondere für reine Online-Anbieter.
Der Wechsel zwischen den Mobilfunkanbietern wird für die Endkunden einfacher. In Zukunft werden die Anbieter noch stärker auf Kundenbindungsmassnahmen setzen, um bestehende Kunden nicht abwandern zu lassen. Eine klassische Massnahme in dem Bereich ist das Produkt-Bundling – rabattierte Kombipakete mit Mobilfunk, Glasfaser-Internet, TV oder Festnetz.
Der Trend hin zu kürzeren Vertragslaufzeiten zeichnet sich bereits seit einigen Jahren ab. Die mit der eSIM gewonnene Freiheit, schnell und einfach zwischen den Anbietern wechseln zu können, wird dazu führen, dass mehrjährige Verträge immer weniger Akzeptanz bei den Konsumenten finden.
Durch die Verschiebung von stationären Abo-Abschlüssen in Shops und Filialen hin zu Online-Abschlüssen verlieren die Filialnetze an Bedeutung. Die Kosten für den Unterhalt dieser Netze sind enorm und zeichnen sich in den Endkundenpreisen ab. Kleine und durchgehend digitale Anbieter machen sich diesen Kostenvorteil zunutze.
Der komfortable Weg, sich für das Ausland mit ein paar Klicks ein eSIM-Profil und einige Gigabyte Datenvolumen zu kaufen, wird die Umsätze im bereits heute rückläufigen Roaming-Bereich weiter schmälern.
Die Prozesse für den Abschluss eines Abos, den Wechsel zwischen den Produkten und der Kündigung werden einfacher und kundenfreundlicher. Der wichtige Messwert CAC (Customer Acquisition Costs – Kosten, um einen neuen Abonnenten anzuwerben) steht in direktem Zusammenhang mit der Qualität des Online-Prozesses für den Abo-Abschluss. Das gilt insbesondere für reine Online-Anbieter.
Eine Chance für die Provider der Zukunft
Unser Alltag wir zunehmend vernetzter und die Anzahl intelligenter Geräte, welche uns begleiten, steigt. Neben den etablierten Tablets, Laptops und Smartwatches werden in Zukunft vermehrt auch Anwendungen aus dem Bereich Internet der Dinge (IoT) in unser Leben treten. Egal ob IP-Kamera, Hundehalsband, Fitness-Tracker, Rasenmäher oder die Heizungssteuerung im Ferienhaus, viele dieser Geräte benötigen für den Informationsaustausch Zugang zu einem LTE-4G/5G-Mobilfunknetz. Um all diese Geräte zu verwalten, werden Kunden in Zukunft nicht mehr nur einen Handyvertrag abschliessen, sondern administrieren die Tarife für eine Vielzahl an Geräten über ein einziges Benutzerkonto.
Das Kundenbedürfnis, unkompliziert viele Geräte und Tarife verwalten zu können und die mit der eSIM einhergehenden Veränderungen, eröffnen Chancen für neue Player im Mobilfunkmarkt. Diese könnten aus meiner Sicht wie folgt aussehen: 100% online – Von der Akquise per Online-Marketing bis hin zur Abrechnung über Kreditkarte. Die Bedürfnisse der Kunden rücken ins Zentrum und im Fokus stehen die digitale Kundenerfahrung und ein benutzerfreundliches Web-Portal. Die Tarife passen zu den unterschiedlichen Geräten und Anwendungen wie z.B. Smartphone, Tablet, GPS-Tracker, usw. Ein neues Gerät sowie der passende Tarif sind im Kundenportal mit ein paar Schritten eingerichtet. Anschlüsse, welche nicht mehr benötigt werden, sind mit ein paar Klicks gekündigt Die Kostenersparnisse (Miete, Unterhalt, Personal, Logistik, etc.) können durch den Wegfall der stationären Shops und die Optimierung der Prozesse an Kunden weitergegeben werden; dazu zählt z.B. der Verzicht auf Aktivierungsgebühren von SIM-Karten. Kundenfreundlicher und lokaler Support. Glasfaser-Angebote, VoIP-Telefonnummern und statische IPv6-Adressen runden das Mobilfunkangebot ab. Die aktuellen Entwicklungen im Mobilfunkbereich entsprechenden 100% dem aktuellen Zeitgeist der Kunden. Die Gesellschaft gewöhnt sich mehr und mehr an Netflix-ähnliche Angebote, mit den Besonderheiten ‘Upgrade, Downgrade and Cancel any Time’. Die Fesseln durch lange Vertragsvereinbarungen gehören langsam, aber sicher der Vergangenheit an.
100% online – Von der Akquise per Online-Marketing bis hin zur Abrechnung über Kreditkarte.
Die Bedürfnisse der Kunden rücken ins Zentrum und im Fokus stehen die digitale Kundenerfahrung und ein benutzerfreundliches Web-Portal.
Die Tarife passen zu den unterschiedlichen Geräten und Anwendungen wie z.B. Smartphone, Tablet, GPS-Tracker, usw.
Ein neues Gerät sowie der passende Tarif sind im Kundenportal mit ein paar Schritten eingerichtet.
Anschlüsse, welche nicht mehr benötigt werden, sind mit ein paar Klicks gekündigt
Die Kostenersparnisse (Miete, Unterhalt, Personal, Logistik, etc.) können durch den Wegfall der stationären Shops und die Optimierung der Prozesse an Kunden weitergegeben werden; dazu zählt z.B. der Verzicht auf Aktivierungsgebühren von SIM-Karten.
Kundenfreundlicher und lokaler Support.
Glasfaser-Angebote, VoIP-Telefonnummern und statische IPv6-Adressen runden das Mobilfunkangebot ab.
- Autor: Marco Arnold, Digital Republic AG
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