Annette Zimmermann ist Research Vice President im Bereich Personal Technologies beim Analystenhaus Gartner $('.magnificPopup').magnificPopup({
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}); Künstliche Intelligenz (KI) war 2017 ein grosses Thema in der IT-Branche. Auch in diesem Jahr werden viele Unternehmen die Entwicklung in diesem Bereich weiter vorantreiben. Neben Neuerungen für die Industrie soll es auch Fortschritte im Consumer-Bereich geben. Annette Zimmermann arbeitet als Research Vice President bei Gartner und berichtet im Gespräch, welche Neuerungen die Branche im Jahr 2018 erwarten.
Frau Zimmermann, geben Sie uns eine Einschätzung. Was erwartet uns beim Thema KI dieses Jahr?
Annette Zimmermann: Es gibt natürlich viele verschiedene Bereiche, die von den Entwicklungen in der KI betroffen sind. Smartphones etwa. Grundsätzlich gilt hier, dass der Markt allmählich gesättigt ist, was ganz normale Geräte angeht. Vor ein paar Jahren hatten wir noch Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich. Mittlerweile liegen wir hier jedoch bei gerade einmal vier bis fünf Prozent. Ein Grund dafür ist, dass auch Schwellenländer inzwischen grossflächig mit Smartphones versorgt sind. Der Markt lebt inzwischen primär von Replacements. Es gibt schlicht kaum noch Menschen, die kein Smartphone besitzen. Als letzten grossen Markt gilt es nur noch Indien zu erobern. Oder auch einige afrikanische Länder und den Mittleren Osten.
Für die Hersteller heisst das, dass sie sich etwas Neues einfallen lassen müssen, um die Geräte noch interessanter zu machen. Dabei geht es vor allem um den Consumer-Markt. Das Verhältnis von Konsumenten zu Enterprise liegt ungefähr bei 80:20. Die meisten Hersteller sehen die Chance hierbei in der KI.
Aber KI ist ja nicht gleich KI, oder? Das geht ja von nützlichen Anwendungen bis hin zu Spielen und auch Werbung.
Zimmermann: Zunächst einmal gibt es verschiedene KI-Technologien. Die einfachste ist das Shallow Learning. Es kommt zum Beispiel bei einfachen virtuellen persönlichen Assistenten oder Chatbots zum Einsatz. Hier werden nur sehr begrenzte Funktionen benötigt. Anders ist da etwa der Google Assistant. Hier sprechen wir schon von Deep Learning, also dedizierten neuronalen Netzwerken. Im Vergleich zu manch anderen KIs kann der Google Assistant eben nicht nur mit Ja oder Nein antworten. Wenn man sich hier das Ranking anschaut, ist der Google Assistant eigentlich am intelligentesten. Sogar noch besser als Alexa. Irgendwo dahinter finden sich dann Siri und ganz zum Schluss Bixby. Zusammengefasst lässt sich aber trotzdem sagen, dass die Entwicklung in diesem Bereich noch nicht besonders weit ist.
KI kommt aber auch dann zum Einsatz, wenn es etwa um verschiedene Authentifizierungsvorgänge geht. Ich denke hierbei vor allem an die Gesichtserkennung wie zum Beispiel bei Apples FaceID. Aber auch andere biometrische Authentifikationssysteme setzten auf KI. Die KI ist bei diesen Geräten direkt mit dem Kamerasystem verbunden. Nicht nur zur Authentifizierung, sondern auch für Foto- und Videoaufnahmen. Mithilfe von KI kann man zum Beispiel direkt bei der Aufnahme die Tiefenwirkung verbessern oder den Fokus on the fly optimieren. Grundsätzlich kann man sagen, dass immer mehr Mainstream-Bereiche KI verwenden werden.
In Ihrer aktuellen Studie sprechen Sie von Emotion AI. Was ist das?
Zimmermann: Emotion AI kann man sich am besten so vorstellen: KI nutzt viele Datenpunkte und erstellt daraus eine Regression-Analyse, auf eine bestimmte Eingabe die richtige Reaktion oder Antwort zu finden. Emotion AI nimmt einen weiteren Datenpunkt mit dazu. Dieser konzentriert sich auf die Emotionen eines Menschen. Beim Sprachassistenten also zum Beispiel auf die Stimme beziehungsweise Klangfarbe und beim Videoassistenten auf die Gesichtsmimik und so weiter. Das geht aber noch weiter: Im Prinzip wird nur zwischen mehreren Arten beziehungsweise Bereichen unterschieden: Computervision-Technologie, Sound-Technologie und das Dritte nenne ich Behavioural. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn so etwas wie Biodaten, also EEG (eine Untersuchungsmethode für Gehirnaktivitäten), der menschliche Puls oder auch die Galvanic Skin Response (dabei wird die elektrische Leitfähigkeit der Haut gemessen), hinzugenommen werden. Hier gibt es zum Beispiel ein Wearable der Firma Empatica, das einen epileptischen Anfall erkennt und den Betreuer/Angehörigen per SMS automatisch alarmiert. Eine andere App (Audiary) des deutschen Unternehmens audEERING funktioniert wie ein Audio-Tagebuch, das über Stimmanalyse Emotionen und Stimmungsschwankungen des Patienten analysiert.
Aber auch für die Wirtschaft sind diese KI-Techniken recht nützlich. In Callcentern zum Beispiel. Da wird inzwischen nicht mehr nur das gesprochene Wort aufgezeichnet, sondern auch die Emotionen des Kunden sowie des Agenten werden im Nachhinein analysiert. So ist es etwa möglich, im Nachgang Vorschläge zu machen, wie es hätte besser laufen können, wenn zum Beispiel die Emotionen ein bisschen hochgekocht sind. So etwas ist auch in Echtzeit möglich. Dann kann ein Dritter gegebenenfalls direkt während des Gesprächs eingreifen, wenn es notwendig ist. Vorwiegend kommt das Ganze aber natürlich in der Werbung zum Einsatz. Sprich, wie eine Person auf ein bestimmtes Produkt und eine bestimmte Werbung reagiert. Und das sehr detailliert. Im Fachbegriff heisst das übrigens Sentiment Analysis.
Gibt es noch weitere Einsatzgebiete?
Zimmermann: Ja, die Spiele-Industrie. Da kommen sowohl die kleinen als auch die grossen Kinder auf ihre Kosten. Es gibt zum Beispiel ein Lernspiel für das Tablet, bei dem die Emotion-AI-Firma Affectiva mitgewirkt hat. Dieses Spiel ist so entwickelt, dass es auf die Emotionen des Kindes eingeht. Wenn es also zum Beispiel total frustriert ist, wenn es eine Aufgabe nicht lösen kann, wird einfach das Level ein bisschen niedriger angesetzt. Für grosse Kinder, also Hardcore-Spieler, ist das dann natürlich kein Lernspiel. Das Videospiel Nevermind wird von Level zu Level immer gruseliger und intensiver. Das Spiel reagiert über die Kamera. Je nach Gesichtsmimik des Nutzers erkennt es, wie sich die Person fühlt und passt das Geschehen auf dem Bildschirm entsprechend an. Allerdings im umgekehrten Sinne. Will der Nutzer, dass das Spiel entspannter werden soll, muss er sich erst beruhigen.
Wenn es um künstliche Intelligenz geht, fällt auch früher oder später das Wort Sicherheit. Oder anders ausgedrückt: Welche Gefahren gehen von KI aus? In Bezug auf Jobs zum Beispiel?
Zimmermann: Es gibt sicherlich eine gewisse Gefahr, die von der KI ausgeht. Für einige Jobs kann das schon gefährlich werden. Dinge, die heutzutage noch von einem Menschen gemacht werden, könnten in ein paar Jahren nur noch von Maschinen erledigt werden. Eine Vorhersage, welche Berufsgruppen genau das treffen wird, kann ich aber nur schwer treffen.
Aber werden durch die KI nicht auch viele Jobs geschaffen? Irgendjemand muss sich ja zum Beispiel um die KI-Verwaltung kümmern?
Zimmermann: In Zukunft werden Data Scientists absolut gefragt sein, die sich um all die KI-Technik kümmern. In diesem Bereich gibt es derzeit noch viel zu wenig gute Leute. Grundsätzlich arbeiten aber eigentlich gerade alle grossen und auch kleineren Firmen irgendwie am Thema KI. Dazu zählen, wie ich bereits schon gesagt habe, Apple, Microsoft, Google, Amazon, Microsoft und so weiter. Und auch der Markt wird wachsen.
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